Ziellos Reisen - Fünfeinhalb Jahre auf Tour
- Lucas Thomas Jahn
- vor 2 Tagen
- 8 Min. Lesezeit
Seit fünfeinhalb Jahren leben und reisen Tanja und Marcel in einem WorldCruiser 2 ziellos um die Welt. Mehr als 120.000 haben die beiden bereits zurückgelegt, von den tierreichen Landschaften des südlichen Afrikas über die endlosen Wüsten der arabischen Halbinsel. Und noch immer brennt in ihnen das Reisefieber.
Wir freuen uns sehr, dass Tanja und Marcel ihren Schatz an Reiseerfahrungen sowohl im Videointerview als auch hier mit uns teilen.

Stellt euch doch mal kurz vor:
Wir sind Ziellos Reisen. Das ist zuerst einmal der wichtigste Teilnehmer: Mojito, unser treuer Reisegefährte. Dann Tanja, meine Partnerin, und meine Wenigkeit, entweder Marcel oder Cello. Wir drei bilden Ziellos Reisen. Und wieso der komische Name? Das ist eigentlich relativ einfach, weil wir meistens ziellos oder sogar planlos reisen. Unser Name ist absolut Programm, weil sich unsere Pläne schon so oft geändert haben, sei es wegen Covid oder was auch immer.

Ihr reist mit einem WorldCruiser 2. Wie seid ihr bei diesem Fahrzeug gelandet?
Das ist eine lange Geschichte. 2001 war ich in Australien und war begeistert von all den Land Cruisern. Die waren damals aber viel zu teuer für mich.
Ich habe mich dann Jahre später auf der Abenteuer & Allrad schlau gemacht. Langsam kam das Konzept der Wohnkabine auf und es musste auf jeden Fall ein 4x4 sein. Ich habe mich dann in einen Defender verliebt, war ganz nah am Kauf und zum Glück hat mich ein australischer Kollege, als ich ihm die Offerte geschickt habe, gefragt, ob ich schon mal mit dem Traktor gefahren bin. Da habe ich gesagt, nein, bin ich noch nicht. Und dann hat er mich gefragt, ob ich neuerdings handwerklich was drauf habe oder sogar irgendeinen Kurs gemacht habe. Auch das habe ich verneint. Da hat er gemeint: “Cello... Mach das nicht und kauf dir einen Land Cruiser!” Also bin ich ein Jahr später wieder auf die Abenteuer & Allrad.
Früher habe ich Häuser und Wohnungen gebaut, da war das Wichtigste immer, dass alles aus einer Hand kommt. Das Gleiche gilt für mich beim Fahrzeugbau. Und dann wollte ich einen Autobauer in Fahrdistanz. Natürlich jemanden, der weiß, was er macht. Und natürlich alles aus einer Hand. Schlussendlich war der WorldCruiser 2 das beste Konzept.
Im Innenraum hat man etwas mehr Platz als zum Beispiel im WorldCruiser 1, der für uns immer noch eines der genialsten Fahrzeuge ist. Aber wenn man wirklich immer im Fahrzeug leben will, bietet der WorldCruiser 2 für uns die perfekte Kombination zwischen ausreichend Platz und optimalem 4x4-Fahrkomfort.
Egal ob die. Wohnkabine, der Wassertank, der große Dieselzusatztank - das ganze Konzept war für uns schlicht und einfach unübertreffbar. Und so sind wir beim WorldCruiser 2 von Tom’s Fahrzeugtechnik gelandet.

Keine Reise verläuft vollkommen ohne Herausforderungen. Hattet ihr schon Probleme mit dem Fahrzeug?
Zum Glück nicht oder respektive die ‘normalen Probleme’, das sind primär Verschleißteilprobleme. Ein bisschen grösseres Problem war mal, als eine Schraube rausgebrochen ist. Das hat sich an wackelnden Rädern geäussert, aber das Supergute an dem Fahrzeug ist, dass es beinahe jeder Mechaniker reparieren kann.
Das Einzige, was wir inzwischen gemerkt haben: Gehe niemals zu einer Toyota-Werkstatt. Die können es nicht. Die wollen alles wissen, aber verstehen das Fahrzeug nicht. Aber sonst, irgendwo in Afrika oder auch im arabischen Raum, kann jeder, der ein bisschen mechanisch begabt ist, das Problem finden und das Auto reparieren.
Von dem her sind wir auch glücklich, dass wir uns für den Land Cruiser 78 entschieden haben. An dem Fahrzeug ist beinahe alles rein mechanisch und das kann jeder, egal wo, flicken. Das zweite Gute ist, dass es gerade in Afrika überall Ersatzteile gibt. Und auch wenn mal keins verfügbar ist, dann ist es immer wieder unglaublich, was die Leute in kürzester Zeit zusammenbasteln.

Manchmal braucht es fachkundige Unterstützung. Inwieweit hilft euch Tom's Fahrzeugtechnik auch aus der Ferne?
Ich würde sagen, das ist etwas, das uns inzwischen noch mehr bekräftigt, dass wir die richtige Wahl beim Fahrzeug getroffen haben. Während andere keine Chance haben, irgendwo anzurufen, haben wir die Nummer von Tom und Veit. Wenn wir ein Problem haben, schreiben wir eine WhatsApp und kriegen immer superschnell Antworten. Glücklicherweise haben wir noch nicht sehr oft Gebrauch davon machen müssen.
Wir versuchen, wenn immer möglich, uns selbst weiterzuhelfen, aber trotzdem, der Support ist absolut einmalig. Dass du selbst am Wochenende Antworten in kürzester Zeit kriegst oder einen Tipp, eine Sprachnachricht, was es sein könnte, wohin du dich wenden sollst, was du anschauen sollst. Also für uns ist das einer der absoluten Pluspunkte, die wir als Paket mit unserem Fahrzeug erhalten haben.

Ihr habt auf euren Reisen bereits unzählige schöne Momente erlebt. Welches Land ist euch besonders in Erinnerung geblieben?
Ja, das ist eine der schwierigsten Fragen eigentlich, die uns immer wieder gestellt wird. Dazu muss ich ein wenig ausholen. Als wir gestartet sind im Juli 2020, sind wir wegen Covid zuerst ein bisschen in Europa herumgefahren. Unser ursprünglicher Plan war, Mojito nach Australien zu verschiffen. Doch der hatte sich wegen Covid in Luft aufgelöst.
Im November 2020 haben wir überlegt nach Portugal zum Überwintern zu fahren. Doch Tom hat uns geraten lieber nach Namibia zu fliegen. Wir sind seiner Empfehlung gefolgt und das war für uns die absolut beste Entscheidung.
In Afrika waren wir in der Covid-Zeit fast überall alleine. Während man sonst in den Nationalparks alles im Voraus buchen muss, durften wir überall rein. Absolut sensationell. Wir waren schlussendlich zwei Jahre alleine auf dem afrikanischen Kontinent unterwegs, von Namibia bis Kenia im gesamten Süden. Dann wollten wir durch Äthiopien hoch, aber das ging nicht mehr. Wir haben das Fahrzeug dann nach Dubai verschifft und sind über die arabische Halbinsel, respektive von Jordanien über den Irak, zurück nach Europa gefahren.

Und jetzt zurück zur Frage: So einfach ist das nicht zu beantworten, weil es fast überall etwas Spezielles gibt. Jedes Land hat etwas Besonderes, aber wenn wir jetzt auf Afrika kommen, würde ich sagen, Namibia war für uns unglaublich von der Natur her. Alle 50 Kilometer wechselt sich die Landschaft. Ebenso traumhaft war Botswana mit den Campgrounds ohne Zaun, wo die Elefanten nachts einen halben Meter entfernt vorbeilaufen. Da schaust du aus dem Bett raus und ein Elefant steht neben dir. Oder das Auto vibriert, weil der Löwe irgendwo sehr nah brüllt. Das ist unschlagbar.
Alles in allem war für uns in Afrika aber Simbabwe das Highlight. Das hat ein bisschen von allem. Simbabwe hatte für uns die nettesten Leute in Afrika. Coole Nationalparks, auch wenn alles ein bisschen abgekämpft war. Megaschöne Natur und viele Tiere.
Auf der arabischen Halbinsel war der Oman ein Traum, der von Saudi-Arabien noch ein bisschen getoppt wurde. Man kann dort überall stehen, überall reinfahren. Und die Natur ist unglaublich schön. Ich kriege gleich wieder Gänsehaut. Und die Leute, freundlicher geht es nicht. Das Verrückte war wirklich, dass wir fünf bis zehnmal am Tag zum Essen eingeladen wurden. Und das war für uns einfach absolut unglaublich.
Irgendwie hat jeder Fleck seine eigene Schönheit. Aber ich glaube, die ultimativen Highlights bis jetzt auf unserer Reise waren Saudi-Arabien und Simbabwe.

Wie lebt es sich auf 6 Quadratmetern?
Ich muss bei der Frage schon lachen, weil ich das mal ausgemessen habe, und wenn ich die reine Stehfläche zähle, dann sind es etwa 1,75 Quadratmeter. Klar, wenn wir die Sitz-und Bettfläche dazuzählen, oder sogar die Dachterrasse, da haben wir schon fast eine kleine Ein-Halb-Zimmer-Wohnung.
Aber auch hier sind wir froh, uns für den World Cruiser 2 entschieden zu haben, weil dieser ein bisschen mehr Platz bietet, vor allem wenn es mal regnet.
Da können wir auch mal zwei, drei Tage drinnen aushalten, ohne dass wir uns zerfleischen. Wenn wir jetzt sehen, dass es irgendwo in einer Woche regnet, dann versuchen wir meistens entweder dem Regen zu entfliehen oder uns irgendein kleines Appartement oder ein Hotelzimmer zu gönnen.
Man muss schon sagen, das Auto ist der absolute Hammer, aber 24-7 aufeinanderzuhängen, kann sehr anstrengend sein. Das können sich lustigerweise viele Leute nicht vorstellen. Wenn man 24-7 das ganze Jahr zusammenlebt, lernt man den Partner sehr gut kennen. Es gibt keinen Freiraum, man ist immer aufeinander. Das hört sich für die meisten toll an, ich kann aber versichern, es ist nicht immer nur alles rosig.
Es gibt auch Momente, wo man Probleme hat und sich streitet. Da muss man durch. Diese Momente können auf kleinem Raum extrem werden. Gerade in Afrika. Da kann man nicht einfach mal auf einen Spaziergang gehen. Zwischen Löwen und Elefanten kommt es selten gut, wenn man da alleine im Busch spazieren geht. Das Raumkonzept ist sensationell, aber man muss sich bewusst sein, dass es eng werden kann.

Was sind eure nächsten Reisepläne?
Also grundsätzlich steht ganz oben: ziellos reisen. Das hat die nähere Vergangenheit mal wieder bewiesen. Bis vor einer Woche war unsere Idee, dass wir über den Winter nach Spanien, Portugal, Marokko und Mauretanien fahren.
Der Plan hat sich vor ein paar Tagen mal wieder geändert, weil wir uns gedacht haben, okay, ist ja dämlich, wir fahren komplett an den falschen Ort. Denn unseren langfristigen Plan, den haben wir noch nicht geändert. Und das ist, dass wir Richtung Südostasien fahren wollen. Über Georgien, Russland, die Stan-Länder, den Pamir-Highway und alles Weitere, bis hin zur Mongolei und schließlich Südostasien.
Unser Traum ist es, mit Mojito Vietnam, Thailand und Singapur anzufahren. Von dort, aber das ist auch Zukunftsmusik, wollen wir das Fahrzeug nach Australien verschiffen. Aber bis dahin ändert sich der Plan bestimmt noch hundertmal. Zuerst müssen wir mal nach Georgien kommen und deswegen haben wir uns gedacht, dass wir ja in Marokko am komplett falschen Ort wären.
Also fahren wir jetzt wieder los Richtung Griechenland, Türkei und machen uns dort bereit, bis wir dann hoffentlich im März, April Richtung Georgien starten und unsere langfristige Reise antreten.
Und wenn es mal wieder in kältere Regionen geht, dann könnten wir uns auch sehr gut vorstellen, dass wir das in einem WorldCruiser 5 machen. Man könnte sagen, dass wir mehr als nur mit dem 5er liebäugeln, da das Raumkonzept noch mehr Komfort bietet als unser Mojito.

Habt ihr Tipps für Leute, die darüber nachdenken, auf große Reise zu gehen?
Das Wichtigste ist, und das ist die klugscheißerische Antwort schlechthin: Tut es! Habt den Mut! Logisch müssen gewisse Faktoren stimmen. Vor allem das Finanzielle, natürlich dass man ein zuverlässig Auto hat, und das man wieder zurückkehren könnte, wenn etwas passiert.
Aber trotzdem: Wartet nicht, bis es zu spät ist! Ich möchte das gerne bis zum Lebensende machen, aber wenn Tanja und ich plötzlich merken, dass es jetzt genug ist, ist es auch okay. Aktuell sind wir noch voll im Reisefieber.
Das Zweite, was Tanja und ich immer noch gelegentlich falsch machen, ist, nicht zu schnell zu reisen. Es ist unglaublich ... man fühlt sich manchmal wie getrieben. Man denkt, okay, wir fahren heute schon wieder weiter. Uns tut es immer extrem gut, wenn wir das Ganze ein bisschen langsamer angehen und mal zwei, drei Nächte an einem Ort sind. Dann kann man die unglaublich vielen Eindrücke einfach besser verarbeiten. Das kann sogar an einem langweiligen Ort sein, z.B. auf einem Campingplatz. Aber es hilft, einfach mal wieder so ein bisschen Ruhe reinzubringen.
Und das Dritte: Man muss nicht alles sehen. Als wir durch Afrika gefahren sind, haben uns ganz viele Leute gesagt, ja, ihr müsst unbedingt da hin und dort hin.
Aber man kann nicht alles sehen. Und wir sagen uns dann immer: ‘Beim nächsten Mal’. Das ist auch genial. Wenn man wiederkommt, hat man immer noch Sachen, die man nicht gesehen hat.
Das mit der Ruhe, das funktioniert bei mir leider immer noch nicht. Ich bin immer noch Schweizer, also wenn irgendeiner ganz langsam kassiert, da bekomme ich immer noch die Krise, obwohl ich alle Zeit der Welt habe. Das wäre für mich noch ein Tipp, dass man manchmal gewisse Sachen noch ein bisschen entspannter angeht.
Ich arbeite noch daran.












